Musiknoten aus dem Internet

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Das Internet – man sollte es nicht vergessen – ist kein rechtsfreier Raum. Alles, was auf reelle Medien (Buch, Presse usw.) anwendbar ist, gilt auch für das Internet. Nun ist Musik zwar in jeder Form im Internet oft leicht zu beschaffen, sie wird dadurch jedoch nicht rechtefrei. Hier ein Sachverhalt aus jüngster Vergangenheit:

Ein Musiker interessierte sich für ein Musikstück von Ryke Geerd Hamer, das dieser selbst auf einer Webseite veröffentlicht hatte. Das Musikstück war nicht in der Datenbank der Musik-Verwertungsgesellschaften AKM und GEMA auffindbar, woraus der (falsche) Schluß gezogen werden konnte, daß das Werk gemeinfrei, d.h. für jedermann frei verwendbar wäre. Der genannte Musiker arrangierte das Werk für Chor und kündigte eine Aufführung im Internet an – auf diese Weise wurde die Tatsache der Bearbeitung auch jenseits der Grenzen Österreichs recherchierbar. Wenig später erhielt der Musiker per Email eine Bitte eines Privatmannes aus Deutschland, er wolle ihm freundlicherweise sein Arrangement zur Verfügung stellen. Der Musiker sandte sein Arrangement als pdf an den Interessenten – und erhielt knapp darauf eine Abmahnung einer deutschen Rechtsanwaltskanzlei, da er das Musikstück ohne Genehmigung bearbeitet und verbreitet habe. Der Musiker weigerte sich, die dabei geforderten Zugeständnisse zu machen.

Unstrittig ist, daß hier ein Rechtsbruch vorliegt – das Recht der Bearbeitung ist nämlich grundsätzlich dem Urheber vorbehalten; ob das Arrangement nun unentgeltlich und ohne Gewinnerzielungsabsicht vorgenommen wurde, spielt für diese Rechtsfrage keine Rolle. Der Tatbestand der Bearbeitung war aber in Österreich erfolgt und hätte vor ein österreichisches Gericht gebracht werden müssen; das wollte der deutsche Rechtsvertreter jedoch offenbar nicht. Daher wurde vielmehr – über die erbetene Versendung des Arrangements per Email – ein Verbreitungstatbestand in Deutschland geschaffen, sodaß der Musiker vor einem deutschen Gericht belangt werden konnte.
Die Angelegenheit wurde – nach längerem Procedere – durch ein Anerkenntnisurteil beendet.

Der Gegenstand des betroffenen Liedes und sein Urheber spielen für die vorliegenden Rechtsfragen an sich keine Rolle, und es ist nicht nachvollziehbar, warum der Komponist, der seinem Werk Heilwirkung zuschreibt (die sicher auch vielen anderen harmonischen Musikstücken zugesprochen werden kann), die Verbreitung seines Werkes unterbinden will. Exemplarisch aufzuzeigen ist aber jedenfalls der Schachzug, durch eine (von einem agent provocateur ausdrücklich erbetene!) Übermittlung der Musik die Zuständigkeit eines deutschen Gerichtes zu erreichen. Daß ein Verstoß gegen das Urheberrecht in Deutschland strafbar ist und somit die Aufforderung, das (geschützte) Werk zu versenden (=zu vervielfältigen) eine ebenso strafbare Handlung ist, wurde als Rechtsfrage nicht weiter verfolgt.

Festzuhalten ist, daß von den ursprünglich eingeklagten Ansprüchen nur der Tatbestand der Vervielfältigung (die durch einmalige Versendung per Email verwirklicht wurde) übrigblieb und der vom klägerischen Anwalt vorgeschlagene Streitwert von € 5.000,- vom Gericht auf unseren Vorschlag hin auf € 550,- eingeschränkt wurde.

Zusammenfassend läßt sich über diesen Fall zwar sagen: viel Lärm um nichts. Jedoch hätte eine solche Rechtsverletzung, hätte es sich nicht um eine Bagatelle gehandelt, weitere Kreise ziehen und teure Folgen für den Musiker haben können. Man ist also gut beraten, mit urheberrechtlich geschützten Werken – zumal im Zusammenhang mit den Verbreitungsmöglichkeiten des Internets – vorsichtig umzugehen.