In der Entscheidung 2 Ob 192/17z hatte der OGH über die Gültigkeit eines fremdhändigen, d.h. nicht selbst handschriftlich verfaßten Testaments zu entscheiden. Ein fremdhändiges Testament muß vom Erblasser (=Testator) und zugleich auch von drei Testamentszeugen unterschrieben werden; dies soll vor allem Beweisfunktion haben.
Das strittige Testament im Fall der OGH-Entscheidung wurde noch zur Zeit der Geltung des „alten Erbrechts“ (also vor Inkrafttreten des Erbrechts-Änderungsgesetzes 2015) verfaßt. Das Testament wurde auf zwei separaten Blättern ausgedruckt, wobei die Zeugen auf dem zweiten, losen Blatt unterschrieben; das zweite Blatt enthielt keinen Text des Testaments. Die beiden Blätter wurden erst nachträglich zusammengeklammert.
Das Erstgericht entschied, daß hier eine einheitliche Urkunde vorliege, da ja das Gesetz nicht bestimmt, daß alle Beteiligten auf dem selben Blatt Papier unterschreiben müssen. Dies sah der OGH aber anders, da es darauf ankomme, daß ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Blättern bestehe:
„Für die Formgültigkeit einer solchen letztwilligen Verfügung ist jedenfalls zu fordern, daß ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den mehreren losen Blättern zum Ausdruck kommt, wie er in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bei Verwendung mehrerer loser Blätter für die Gültigkeit eines eigenhändigen Testaments als notwendig erachtet wird (…). Dazu könnte neben der Fortsetzung des Textes auch ein – vom Testator unterfertigter – Vermerk auf dem zusätzlichen Blatt mit Bezugnahme auf seine letztwillige Verfügung ausreichend sein (vgl 5 Ob 52/04i).
Nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt haben die Zeugen auf einem losen Blatt unterschrieben, das später mittels einer Büroklammer mit der Testamentsurkunde zusammengefügt worden ist. Irgendeinen von der Erblasserin unterfertigten Hinweis auf die Existenz eines zweiten Blattes als Träger ihres letzten Willens enthält das von den Zeugen unterfertigte Blatt nicht. Die Voraussetzung eines inhaltlichen Zusammenhangs ist demnach nicht erfüllt.
Die Unterschrift der Zeugen samt dem auf diese Eigenschaft hinweisenden Zusatz hätte somit auf dem ersten Blatt, also ‚auf der Urkunde selbst‘, erfolgen müssen, wofür ausreichend Platz zur Verfügung gestanden wäre.“
Der Gedankengang klingt kompliziert, ist aber nachvollziehbar: theoretisch könnten nämlich mit einem zweiten Blatt die Unterschriften von Testamentszeugen nachträglich hinzugefügt werden – damit aber wäre das Testament nicht formgültig zustandegekommen: Erblasser und Zeugen müssen nämlich zugleich unterschreiben.
Wäre das Testament hingegen mehrere Seiten lang gewesen und hätten die Zeugen auf der letzten bedruckten Seite unterschrieben, wäre die Form gewahrt gewesen; im Anlaßfall für die OGH-Entscheidung aber bestand kein Zusammenhang zwischen den einzelnen Blättern, weshalb das Testament ungültig war – nun kommt die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung.
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Stand: August 2018
MS