Beratungsrechtsschutz – ein Etikettenschwindel?

adminInformationen

Regelmäßig nehmen Interessenten bei Rechtsanwälten zu den unterschiedlichsten Fragen eine Rechtsberatung in Anspruch – sehr oft in der Annahme, die eigene Rechtsschutzversicherung werde diese Beratung zur Gänze bezahlen, man hat ja im Versicherungsvertrag auch den Baustein „Beratungsrechtsschutz“ vereinbart.

Üblicherweise nehmen Rechtsberatungen mehr als eine halbe Stunde (oft sogar deutlich mehr) in Anspruch, da ja zunächst einmal der Sachverhalt zu klären ist, zu dem dann die Rechtsauskunft gewünscht wird. Schon dies kann bei komplexeren Zusammenhängen entsprechend lange Zeit in Anspruch nehmen. Entsprechend ausführlich kann dann auch die Rechtsberatung ausfallen. Nicht selten kann schon allein durch die Beratung ein entscheidender Schritt getan sein, um einen drohenden Schaden abzuwenden oder falsche Schritte zu vermeiden. In vielen Fällen stimmt der alte Werbeslogan der Rechtsanwaltskammer: „Kein guter Rat ist teuer“.

Daß aber die Rechtsschutzversicherung die gesamten Beratungskosten deckt, ist ein Irrtum. Das Versprechen der Versicherung, eine Rechtsberatung zu bezahlen, ist vom Etikettenschwindel nicht weit entfernt: Tatsächlich bezahlt sie nämlich stets nur eine von ihr willkürlich festgesetzte Pauschale – unabhängig von Umfang und Dauer der Beratung, und unabhängig davon, was für den Klienten auf dem Spiel steht – d.h. egal ob Bagatellangelegenheit oder Großschaden.

Hier finden Sie die aktuellen Beratungspauschalen der Rechtsschutzversicherungen (2024):
Wüstenrot EUR 100,00
Wiener Städtische   EUR 90,00
HDI                        EUR 75,00
Zürich                    EUR 80,00 (wenn sie zahlt, siehe unten)
Uniqa                   EUR 60,00
Kärntner Landesvers.       EUR 60,00
ERGO                    EUR 60,00
Allianz                    EUR 60,00
Generali               EUR 50,00
Arag                       EUR 50,00
Helvetia                  EUR 48,00
Merkur                (derzeitige Höhe nicht bekannt, zuletzt 2021 EUR 50,00)

Diese Beträge sind bereits brutto, d.h. inklusive 20% Umsatzsteuer für die Staatskassa.

Ich bitte daher um Verständnis, daß die Kosten einer eingehenden Rechtsberatung allein durch diese Beratungspauschalen nicht abgedeckt werden können. Selbstverständlich rechne ich die jeweils gewährte Beratungspauschale aber auf das Beratungshonorar an.

Die Unkomplizierten und die Komplizierten.
Erwähnenswert ist, daß manche Versicherungen bei der Beratung keine freie Anwaltswahl akzeptieren, d.h. den Versicherungsnehmer dazu zwingen wollen, für Beratungen nur Versicherungsanwälte zu konsultieren. Bei einer Vertretung kann die Versicherung die freie Anwaltswahl zwar nicht einschränken, bei einer Beratung derzeit aber schon.

Dies sieht bei der ARAG so aus, daß parallel zur Zahlung der Beratungspauschale ein formularmäßiges Schreiben mitteilt, daß bei der Beratung an sich keine freie Anwaltswahl bestehe, aber aus Kulanzgründen doch – immerhin – die Beratungspauschale bezahlt werde (mehr hat der Anwalt meist ja auch gar nicht verlangt). Andere Versicherungen wie die Zürich kennen aber selbst diese Kulanz nicht und lassen ihre Versicherungsnehmer, wenn sie eben nicht zum Versicherungsanwalt gehen, oft im Regen stehen und lassen sie die Rechtsberatung selbst bezahlen. Da die Zürich in seltenen Fällen dann doch bezahlt, dürfte es offenbar vom jeweiligen Referenten bei der Versicherung abhängen, ob die Pauschale gewährt wird oder nicht.

Die häufige Frage „Welche Rechtsschutzversicherung ist denn die Beste?“ lässt sich kaum beantworten, da jeder andere Anforderungen an seine Versicherung haben wird.

MS
Stand: 11/2024