Vorsicht im Alltag beim Sabrieren!

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Vorweg: oft und oft versucht der Rechtssuchende, eine abschließende Klärung einer Rechtsfrage beim Obersten Gerichtshof (OGH) zu erreichen. Und nicht selten wird dieser Antrag unter Hinweis darauf, daß eine Einzelfallentscheidung vorliege, abgewiesen; schließlich hat der OGH nur über Fälle zu befinden, die Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung aufwerfen. Es bleibt Spekulation, ob die Abweisung einer Rechtsfrage als Einzelfall nicht fallweise aus Gründen der Arbeitsersparnis erfolgt. Beim Genuß mancher OGH-Entscheidungen aber stellt sich dem Leser aber die Frage, was aus der Sicht des OGH nun ein Einzelfall ist und was eine allgemein bedeutsame Rechtsfrage. Das folgende Beispiel (7 Ob 59/16a) bringt da kaum Erhellendes:

„Gast haftet für Verletzung eines Kellners beim Sabrieren.“
Vorweg: der Anstand bleibt gewahrt. „Sabrieren“ bedeutet nur, einer Sekt- oder (wer es sich leisten möchte) Champagnerflasche mittels Säbel (französisch: Sabre) den Hals abzuschlagen. In einem Tiroler Hotel tat ein Gast eben das, genau nach vorheriger Anleitung. Ein Kellner, der neben dem sabrierenden Gast kniete, wurde dabei durch einen Glassplitter an der Hand verletzt. Der Prozeß um Schadenersatz wurde durch alle Instanzen gespielt – bis vor OGH, der sich dieser gewichtigen Causa annahm (.d.h. darin keine Einzelfallentscheidung sah!).
Nun steht in der Sache fest, daß sich ein Gast trotz vorheriger Anleitung nicht darauf verlassen darf, daß beim Sabrieren niemand zu Schaden kommt. (Damit aber nicht völlig der Eindruck entsteht, im Gegenzug könne sich der Kellner traumwandlerisch auf die Gefahrlosigkeit der Sache verlassen, erkannte man immerhin auf eine Verschuldensteilung im Verhältnis 1:1.)
So haftet der Hotelgast nun (zumindest zum Teil) für den Schaden – für einen nicht beabsichtigten Schaden aus einem Jux. Denn, so lautet die Moral, was immer auch geschieht: ein Schuldiger muß gefunden werden. Daß man die Klage auch hätte abweisen und ausführen können, daß das Leben mit gewissen Risiken behaftet ist, die einfach hinzunehmen sind, wäre eine Diskussion wert – ebenso wie die Ansicht, daß solche Entscheidungen (trotz Mitverschulden) alles andere lehren als Eigenverantwortung. Und schließlich wäre es lohnend zu erforschen, warum hier eine Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung vorlag.

Bleibt zum Abschluß nur der Rat: Lassen Sie sich beim Sabrieren nicht erwischen!

Mag. Michael Seeber
cum grano salis