Daß die Verdienstspanne von Versicherungen darin besteht, Prämien zu kassieren und möglichst wenig zu leisten – indem ein Schaden nicht als Versicherungsfall anerkannt wird – dürfte hinlänglich bekannt sein. Dabei scheint es auch zulässig zu sein, realitätsfremde Ansichten zu vertreten.
In der Entscheidung zu 7 Ob 76/16a ging es um die Frage, wann eine Haustür als abgesperrt gilt und wann nicht. Zugrunde lag eine Versicherung eines Reihenhauses auf Grundlage der Allgemeinen Bedingungen für Haushaltsversicherungen (ABH). Darin hieß es u.a.: „Wenn die Versicherungsräumlichkeiten auch nur für kurze Zeit von allen Personen verlassen werden, sind sie zu versperren und Sicherungen, die vertraglich mit besonderen Bedingungen vereinbart sind, vollständig anzuwenden.“ Türen müssen demnach auch tatsächlich versperrt und auch alle anderen Sicherungsmechanismen betätigt werden.
Der Streitfall ergab sich durch einen Einbruch, bei dem die Täter durch die Haustür eindrangen; die Tür war dabei lediglich „ins Schloss gefallen“, jedoch nicht versperrt; es handelte sich um eine Tür, die außen lediglich einen Türknauf hatte und ohne Schlüssel von außen nicht geöffnet werden konnte. Die Versicherung verweigerte die Schadensregulierung, da die Tür nicht auch noch versperrt war. Der OGH schloß sich dieser Rechtsmeinung schließlich an und hielt dazu ausdrücklich fest, daß es nicht genügt, eine Haustür mit dem Türknauf von außen zuzuziehen, sondern es muß auch noch der Schließmechanismus betätigt werden.
In praxi ist daher anzuraten, bei Vorliegen entsprechender Versicherungsbedingungen auch solche Türen aktiv zu versperren, die man ohne Schlüssel – oder ohne Gewaltanwendung – ohnehin von außen nicht öffnen könnte (da nur ein Türknauf vorhanden ist). Kritik an dieser Entscheidung erscheint zumindest zum Teil berechtigt. Die Versicherungsbedingungen enthalten die Obliegenheit für den Versicherungsnehmer, ein unbefugtes Eindringen unmöglich zu machen oder zumindest erheblich zu erschweren. Das sollte, möchte man meinen, durch eine von außen nicht zu öffnende Tür bereits gegeben sein, denn auch eine Tür, die nur ins Schloß fällt und ohne Schlüssel nur mit Gewalt geöffnet werden kann, sollte doch ein ausreichendes Hindernis für ungebetene Gäste sein. Wenn sich die Versicherung nun dahinter verschanzt, daß die Tür nicht auch noch verriegelt war, so ist dies absolut praxisfern. Und wenn sich der OGH dieser Ansicht nun anschließt, dann wohl nicht, weil er davon überzeugt wäre, daß eine ins Schloß gefallene Tür keinen ausreichenden Schutz vor Eindringlingen bietet, sondern deshalb, weil die Versicherungsbedingungen ausdrücklich vom Versperren der Tür sprechen – der OGH folgt also rein dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen. Die Ansicht, daß das Zuziehen der Haustür „nach allgemeinem Kenntnisstand einen weit geringeren Einbruchsschutz“ bietet, wäre durchaus noch zu diskutieren.
Daß eine nach allen Regeln der Kunst versperrte Tür die Herren Einbrecher zwar etwas länger aufhält, vom Einbruch aber nicht abhält, sondern nur dazu führt, daß der mit dem Einbruch verbundene Sachschaden noch größer wird, wird von der Versicherung offenbar gerne übersehen.