Im Frühjahr 2016 hat der WIWE-Schutzverband offenbar serienmäßig österreichische Firmenwebseiten durchsucht und die AGB zahlreicher Unternehmen überprüft. Wo man fündig wurde, ging man daran, (echte wie vermeintliche) Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht mittels kostenpflichtigem Mahnschreiben zu ahnden – wir haben berichtet. Nun ist man offenbar dazu übergegangen, auch Verstöße gegen das ZaDiG (Zahlungsdienstegesetz) zu verfolgen und behauptet dabei, auch eine Verletzung des ZaDiG verstoße gegen den lauteren Wettbewerb. Dieser Vorwurf ist so neu, daß es hiezu noch keine höchstgerichtliche Entscheidung gibt – es bleibt also vorläufig bei einer bloßen Behauptung des WIWE-Schutzverbandes.
Produziert sich WIWE als eine Art Polizei für den lauteren Wettbewerb und für die Einhaltung verschiedener Rechtsvorschriften? Solche Befugnisse kommen dem Verein aber sicherlich nicht zu. Es ist daher jedenfalls empfohlen, die Legitimation von WIWE zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen zu hinterfragen und zu überprüfen; WIWE hält sich diesbezüglich aber bedeckt. WIWE verweist nur allgemein auf seine Bezeichnung (WIWE-Schutzverband zur Förderung lauteren Wettbewerbs im In- und Ausland) und seinen Vereinszweck – das aber sagt nur etwas über die Absichten des Vereins, aber nichts über seine tatsächliche Legitimation aus.
Zum ZaDiG (Zahlungsdienstegesetz): Das ZaDiG verbietet, kurz gesagt, im Geschäftsverkehr für bestimmte Zahlungsmethoden zusätzliche Gebühren zu verlangen, z.B. eine Zahlscheingebühr. Während etliche kleine und mittlere Betriebe dies in ihren Online-Shops bereits umgesetzt haben, zeigen sich Handelsriesen völlig unbeeindruckt und berechnen beim Kauf auf Rechnung Gebühren (etwa BIPA € 1,20 oder Amazon € 1,51, Stand Dezember 2016). Daß WIWE unterdessen bei Amazon vorstellig geworden wäre, ist bisher nicht bekannt.
In der ersten Welle der Mahnschreiben (Frühjahr 2016) wurden Kosten von € 1.481,22 in Rechnung gestellt; bei solchen Honorarforderungen können wir nur empfehlen, eine nachvollziehbare Aufschlüsselung dieses Betrages zu verlangen. Rechtsanwaltshonorare sind grundsätzlich nach dem Rechtsanwaltstarif zu berechnen und sollen damit auch überprüfbar sein. In einem der jüngsten Mahnschreiben beträgt die Kostenforderung „nur mehr“ € 722,88. Eine Aufschlüsselung der beiden Kostenbeträge steht noch aus.
Einer der derzeitigen WIWE-Rechtsvertreter, ein Salzburger Rechtsanwalt, verweist auf einen hohen tariflichen Streitwert in Wettbewerbssachen (nach den Allgemeinen Honorar-Kriterien der Rechtsanwälte, AHK) und verweist auf eine diesbezügliche Entscheidung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien. Allein: diese Entscheidung trifft keine Aussage dazu, ob der tarifliche Streitwert auch zwingend anzuwenden ist (was bezweifelt werden kann).
Hinweise dazu, wie sich der in Salzburg domizilierte Verein „WIWE-Schutzverband zur Förderung lauteren Wettbewerbs im In- und Ausland“ (ZVR-Zahl 501171285) finanziert, werden dankend angenommen. Der Vereinsregisterauszug von WIWE (Stand 16.12.2016) hier, demzufolge als Geschäftsführer des Vereines der ehemalige Salzburger Rechtsanwalt Dr. Wolf Schuler firmiert, der den Verein seit den 1980er Jahren in mehreren Gerichtsverfahren vertreten hat (siehe z.B. 4Ob 173/99s, 4Ob 104/99v, 1Ob 674/90, 4Ob 38/89, 4Ob 59/88, 4Ob 345/87).
Anmerkung: Die Bereitstellung von AGB ist nicht verpflichtend.
Anmerkung: Die Webseite des WIWE-Schutzverbandes wies 2012 die Salzburger Rechtsanwälte Dr. Bernd Roßkothen und Dr. Gerwin Brandauer als Verbandsanwälte aus. Siehe hier (Zitat aus dem Text der Webseite: „Am Mittwoch, den 1.2.2012, hielten die Verbandsanwälte Dr. Gerwin Brandauer und Dr. Bernd Roßkothen in Salzburg einen äußerst gut besuchten Vortrag […]“).
MS