Das Erbrechtsänderungsgesetz 2015 – Neuerungen im Erbrecht
Der Gesetzgeber wollte mit dieser Reform die erbrechtlichen Bestimmungen des ABGB sowohl inhaltlich als auch sprachlich modernisieren. Diese Neuerungen betreffen sämtliche Todesfälle nach dem 31.12.2016.
Zusammengefasst ergeben sich nachstehende Änderungen:
Zur gewillkürten, d.h. testamentarischen Erbfolge:
An den Testamentsformen hat sich nichts geändert; weiterhin stehen das schriftliche, das sehr seltene mündliche, sowie das öffentlich oder privat errichtete Testament zur Verfügung.
Das eigenhändige Testament nach § 578 ABGB ist ein handschriftlicher Text samt Unterschrift des Erblassers, wobei ratsam ist, den Ort und das Datum der Errichtung beizufügen (eine Datei oder ein Ausdruck gelten nicht als eigenhändiges Testament).
Ein öffentliches Testament wird mündlich oder schriftlich vor Gericht oder einem Notar errichtet. Beim fremdhändigen Testament müssen 3 Zeugen gleichzeitig anwesend sein sowie eigenhändig mit dem Hinweis der Zeugenschaft unterfertigen. Zusätzlich muss der Verfügende eigenhändig auf dem Testament festhalten, dass es sich hiebei um seinen letzten Willen handelt. (Die Testamentszeugen dürfen nicht zugleich Begünstigte des Testaments sein!)
Wurden letztwillige Verfügungen zugunsten eines Ehegatten, eingetragenen Partners oder Lebensgefährten verfasst, so gelten diese nunmehr bei Auflösung von Ehe, Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft automatisch als aufgehoben. Um dies abzuwenden, muß beispielsweise letztwillig das Gegenteil verfügt werden.
Liegen mehrere Testamente vor, gilt folgendes:
Zum Verständnis muß vorausgeschickt werden, daß der oder die Erben als solche bezeichnet werden sollten und man als Erbe zum Rechtsnachfolger des Verstorbenen wird; wer hingegen laut Testament aus der Verlassenschaft nur eine Summe Geldes oder einen bestimmten Vermögenswert bekommen soll (z.B. eine Liegenschaft, oder aber bestimmte Erinnerungsstücke o.ä.), ist kein Erbe, sondern nur Legatar (=Vermächtnisnehmer).
Liegt nun ein späteres Testament mit (zumindest) teilweiser Erbeinsetzung vor, so hebt dieses das Frühere zur Gänze auf.
Ein früheres Testament ohne Erbeinsetzung wird allerdings durch ein späteres Testament, mit dem nicht über die gesamte Verlassenschaft verfügt wird (d.h. ohne Erbeinsetzung), nicht berührt.
Zur gesetzlichen Erbfolge:
Gemäß § 744 ABGB erhalten Ehepartner/eingetragene Partner 1/3 der Verlassenschaft neben den Kindern und Nachkommen, oder 2/3 der Verlassenschaft neben den Eltern (wenn keine Nachkommen vorhanden sind). Der Anteil vorverstorbener Eltern steht nach neuer Rechtslage dem Ehepartner/eingetragenen Partner zu.
In § 748 ABGB wurde das außerordentliche Erbrecht für Lebensgefährten eingeführt. Damit ist wohl eine eheähnliche Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft mit der Absicht auf Dauerhaftigkeit gemeint.
Der Lebensgefährte erbt, wenn:
- gesetzliche Erben nicht vorhanden sind,
- die Lebensgemeinschaft zumindest die letzten 3 Jahre vor dem Tod des Verstorbenen bestanden hat und
- die Beiden im gemeinsamen Haushalt lebten (Ausnahme: Pflegeheim udgl.).
(Siehe dazu auch unseren Beitrag hier.)
Unter diesen Voraussetzungen sowie der Bedingung, daß der Verstorbene im Todeszeitpunkt nicht verheiratet/verpartnert war, kann dieser seinem Lebensgefährten gemäß § 745 ABGB ein auf ein Jahr befristetes Recht einräumen, die gemeinsame Wohnung weiter zu bewohnen und die zu gemeinsamen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen zu benützen.
Durch die gesetzlichen Neuerungen werden nunmehr auch Pflegeleistungen berücksichtigt. Wurden Pflegeleistungen in den letzten 3 Jahren vor dem Ableben zumindest über einen Zeitraum von 6 Monaten im Ausmaß von etwa 20 Stunden pro Monat von einem gesetzlichen Erben des Verstorbenen erbracht, so gebührt diesem neben dem Pflichtteil sowie anderen Leistungen aus der Verlassenschaft ein sogenanntes Pflegevermächtnis. Die Höhe richtet sich nach Art, Dauer und Umfang der Leistungen, wobei sie sich am Nutzen für den Empfänger orientiert. Wurden die Pflegeleistungen vom Verstorbenen bezahlt, besteht der Anspruch jedoch nicht. Wie die Umsetzung dieser Bestimmung in der Praxis aussehen wird, läßt sich derzeit nicht abschätzen, da hier großer Interpretationsspielraum gegeben ist.
Zum Pflichtteilsrecht:
Werden die gesetzlichen Erben nicht testamentarisch bedacht, so haben Sie zumindest das Recht auf den Pflichtteil (d.i. die Hälfte des gesetzlich vorgesehen Erbteils). Testamentarisch kann, wenn ausreichende Gründe vorliegen, auch der Pflichtteil noch halbiert werden; etwa dann, wenn der Kontakt, wie er in einer Familie zwischen Angehörigen üblich ist, seit zumindest 20 Jahren fehlt.
Pflichtteilsberechtigt sind: Ehegatten/eingetragene Partner und die Nachkommen des Verstorbenen (Kinder, Wahlkinder, Enkel, Urenkel,…); allerdings nur dann, wenn sie bei gesetzlicher Erbfolge ein Erbrecht hätten, wenn sie nicht wirksam enterbt wurden, sie nicht auf den Pflichtteil verzichten und nicht die Erbschaft ausschlagen.
Der Geldpflichtteil ist erst nach Ablauf eines Jahres nach dem Tod des Verstorbenen geltend zu machen. Zudem kann der Pflichtteil auf Anordnung des Verstorbenen oder auf Verlangen des belasteten Erben für die Dauer von fünf Jahren (unter besonderen Umständen maximal 10 Jahre) gestundet werden, es sei denn die Stundung würde den Pflichtteilsberechtigten unbillig hart treffen.
Die Enterbungsgründe wurden eingeschränkt, sodaß nur mehr die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohte Straftaten gegen nahe Angehörige sowie grobe Verletzungen der Pflichten aus dem Eltern-Kind-Verhältnis solche Gründe bilden. Der frühere Enterbungsgrund der „beharrlichen Führung einer gegen die öffentliche Sittlichkeit anstößigen Lebensart“ wurde gestrichen, da er offenbar nicht mehr praxisrelevant war.
Zu beachten ist jedoch weiterhin, dass Schenkungen zu Lebzeiten des Verstorbenen unter Umständen zu Pflichtteilsergänzungsansprüchen führen können, d.h. daß solche Schenkungen in die Erbmasse einzurechnen sind und daraus die Höhe des Pflichtteils errechnet wird; ist dann für diesen Pflichtteil in der Erbmasse nicht genug vorhanden, müssen frühere Geschenknehmer den Fehlbetrag leisten.
Wer auf den Erbfall vorausblickt, kann seine Absichten durch Beratung mit einem Rechtsanwalt so gut wie möglich absichern.
O/MS