Wer mit dem Gedanken spielt, sein Haus oder seine Wohnung zu verkaufen, wird zunächst einen markttauglichen Verkaufspreis herausfinden wollen. Die sicherste – aber auch kostspieligste – Methode ist es, ein Gutachten bei einem gerichtlich beeideten Immobiliensachverständigen in Auftrag zu geben. Wesentlich günstiger – zumindest auf den ersten Blick – sind die im Internet auffindbaren Angebote zur „Online-Immobilienbewertung“.
Aus gegebenem Anlaß möchten wir unseren Klienten raten, die Ergebnisse solcher Bewertungen mit gebotener Vorsicht zu genießen. Eine solche uns vorliegende Online-Bewertung enthält gleich Eingangs den vielsagenden Hinweis: „Diese Bewertung kann ein detailliertes gesetzliches Gutachten nicht ersetzen und dient zur Information des Richtwertes Ihrer Immobilie.“ Abgesehen von ungenauen Formulierungen (was z.B. ist ein „gesetzliches Gutachten“?) zeigt dieser Hinweis bereits die Problematik auf, daß hier trotz aller Berechnungen eben nur ein Richtwert ermittelt wird.
Und selbst einem Richtwert können immer noch falsche Berechnungen zugrunde liegen, wie ein uns vorliegendes Beispiel zeigt: hier sollte der Marktwert eines stark baufälligen Hauses samt Grundstück ermittelt werden. In der Bewertung wurde einerseits ein Abschlag für den schlechten baulichen Zustand des Hauses abgezogen, zugleich aber auch die angenommenen Abbruchkosten. Mit anderen Worten: für ein abbruchreifes Haus wurden der schlechte Zustand und der Abbruch berechnet. Richtigerweise kann aber nur entweder der Bauzustand (unter der Annahme, das Haus bestehen zu lassen) oder die Abbruchkosten in der Berechnung berücksichtigt werden.
Hätte sich der Hausbesitzer im gegebenen Fall auf die „Online-Immobilienbewertung“ verlassen, hätte er durch diesen Denkfehler der „Online-Gutachter“ den Verkaufspreis um zumindest € 20.000,- zu niedrig angesetzt – ein beträchtlicher Verlust, den ihm der „Online-Gutachter“ unter Verweis auf den oben zitierten Warnhinweis wohl kaum ohne weiteres ersetzt hätte.
Auch wenn eine „Online-Immobilienbewertung“ billig sein sollte, so ist sie bei solchen groben Schnitzern ihr Geld nicht wert. Es empfiehlt sich beim Hausverkauf in jedem Fall die Rücksprache z.B. mit einem Rechtsanwalt, der seine berufliche Erfahrung insbesondere bei Liegenschaftstransaktionen einbringen kann.
Stand: April 2017
MS